Ich möchte dazu eine These zitieren:
Männer brauchen Sex, um sich geliebt zu fühlen.
Frauen müssen sich geliebt fühlen, um Sex zu haben.
Und jetzt kannst du dich darüber echauffieren, all deine emanzipatorischen Empörungen loswerden, oder deinen Kopf machohaft nach den ersten drei Wörtern ausschalten und fett in dich hineingrinsen.
Oder du liest das nochmal und lässt es wirken.
Ob das, was wir gleich mit dir teilen werden, der Wahrheit entspricht? I don’t know. Es hat zumindest bei Jörg und mir zu einem wertschätzenden, neugierigen, mit Tränen und Lachen gefüllten Gespräch geführt, das uns uns weicher für uns gemacht hat. Und uns in sexlosen Zeiten daran erinnert, was wir uns versprochen haben: Aufeinander zu achten.
Was bedeutet es denn für dich, “sich geliebt zu fühlen”?
Der US-amerikanische Psychotherapeut Jed Diamond nannte es in seinem Blog “MenAlive” das Bedürfnis nach einem sicheren Hafen.
Und was bedeutet “sicherer Hafen” für dich?
Fühlst du dich WIRKLICH geliebt, wenn dein Mann endlich mal den Müll rausbringt und sich um das Essen kümmert? Wo er doch eh keine Chance hat, es gut zu machen, einfach weil er es anders macht, als du. Und fühlst du dich WIRKLICH geliebt, wenn deine Frau zu Hause Haus und Kids versorgt, während du dich um “die schöne Kollegin” kümmerst, weil die dich ja so sieht, wie du wirklich bist und sie alles an dir schätzt, was deine Frau nicht mehr sieht?
Geht es nicht eigentlich genau darum? Gesehen zu werden? In all meinem Sein, mit all meinen Fehlern, Wünschen, Hoffnungen, Träumen? Mit meiner Müdigkeit, meinem Enthusiasmus, meiner übersprudelnden Freude und meinen abgrundtiefen Tälern? Mit meinem “ich hab heut keinen Bock auf Sex” und meinem “ich fühle mich nicht geliebt”, ohne dass der Partner daraus einen krassen Streit macht?
Ich überspringe mal den ganzen analytischen Teil und möchte zur Umsetzung kommen.
Als allererstes:
Es ist ok, keinen Sex zu wollen. Es ist ok, zu müde zu sein. Es ist ok, nach einem anstrengenden Tag nicht auch noch im Bett ein attraktiver Partner sein zu müssen.
Es ist ok, Sex zu wollen. Es ist ok, diese Bedürfnisse zu spüren und sie umsetzen zu wollen.
Es ist ok, sich geliebt fühlen zu wollen.
Wenn du einen Mann als Partner hast, lies dir den ersten Satz der These nochmal durch. Und lass ihn wirken. Vielleicht hast du schon mal von den 5 Sprachen der Liebe gehört. Es scheint so kompliziert, so viel kann falsch gemacht werden. Mit deinem Mann zu schlafen, nicht den schnellen 5-Minuten-Ritt, sondern wirklich mit IHM das Bett zu teilen, schenkt diesem Mann so viel “sicheren Hafen”, das kann nichts auf der Welt ausgleichen.
Und manchmal braucht es nur eine Entscheidung von dir, dass aus sexlosen Tagen anderes werden kann. Wie wäre es, wenn du heute Abend, wenn du im Bad die Abendroutine fertig hast, eben nicht deinen Flanellschlafanzug anziehst, sondern einfach so, ohne weiter drüber nachzudenken, nackt zu deinem Partner gehst? Und ja, da kann jetzt Sex draus werden. 5 Minuten, 5 Stunden, egal, kann alles passieren. Oder auch nicht. Es ist ganz egal, wie dein Partner darauf reagiert.
Es ist DEINE Entscheidung, nicht den Schlafanzug anzuziehen. Du bist zu müde? Du bist sauer? Du bist traurig? Der Abwasch, die Kids, der Hund, die Arbeit, der die das… Es bleibt deine Entscheidung. DU allein bietest deinem Mann den sicheren Hafen. Und wenn du nackt zu ihm gehst, geht es nicht um deine Enttäuschungen, sondern um dein Geschenk an ihn. Ihr habt euch gerade noch gestritten? Es geht nicht um dich in diesem ersten Satz der These. Männer brauchen Sex, um sich geliebt zu fühlen.
Du hast eine Frau als Partnerin? Und sie lehnt deine Avancen erneut ab? Lies den zweiten Satz der These nochmal. Es ist äußerst verständlich, dass du dich in so einer Situation nicht traust, sie zu fragen. Doch tu es. Frag sie, was du tun kannst, damit sie sich geliebt fühlt. Was fehlt ihr? Und nein, es geht nicht um den Abwasch, die Kids, den Hund, den Job. Es geht in der Kommunikation nicht um die Sache. Es geht um die Gefühle, die wir damit transportieren.
Wenn sie also sagt “Man, du glaubst doch nicht, dass ich nach diesem harten Tag noch mit dir schlafen will…”, dann ergieße dich nicht in der Sache, schon gar nicht in “ich hatte auch einen harten Tag”, sondern nimm dich zurück. Es geht nicht um DICH, sondern um sie. Sie fühlt sich nicht gesehen. Sag ihr “ich möchte gern mit dir schlafen, um dir zu zeigen, dass ich dich sehe”. Frag sie "Was kann ich heute, jetzt, tun, damit du das Gefühl hast, dich wirklich ausruhen zu dürfen?”. Finde deine eigenen Sätze. Deine eigenen Fragen. Erinnre dich daran, dass es um SIE geht.
Männer brauchen Sex, um sich geliebt zu fühlen.
Frauen müssen sich geliebt fühlen, um Sex zu haben.
Und ja, natürlich geht es auch um Selbstliebe, Selbstwirksamkeit, Selbstachtung. Wir müssen allein heil werden. Doch eine Beziehung ist kein ich-und-du-auflösendes-Wir, sondern ein Ich, das heilt, ein Du, das heilt, und ein Wir, das eine ganz eigene Dynamik hat und als WIR heilen darf. Drei Systeme, die miteinander arbeiten dürfen.
Wofür wären wir denn sonst zusammen?
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